Der Zweck von BRICS: Eine Alternative zur westlich dominierten Weltordnung?
Die BRICS-Gruppe, bestehend aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, hat sich zu einem bedeutenden Akteur in der globalen Wirtschaft entwickelt. Der Hauptzweck dieser Vereinigung ist es, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsländern zu fördern und ihren Einfluss auf internationaler Ebene zu stärken. Durch gemeinsame Initiativen und Abkommen streben die BRICS-Staaten danach, ihre Position in der Weltwirtschaft zu verbessern und alternative Strukturen zu den bestehenden westlich dominierten Institutionen zu schaffen.
Die BRICS-Länder repräsentieren einen beträchtlichen Teil der Weltbevölkerung und des globalen Bruttoinlandsprodukts. Ihr Zusammenschluss zielt darauf ab, die wirtschaftliche Entwicklung in ihren Regionen voranzutreiben und gleichzeitig ein Gegengewicht zu etablierten Industrienationen zu bilden. Die Gruppe setzt sich für eine gerechtere globale Wirtschaftsordnung ein und strebt nach einer stärkeren Stimme in internationalen Finanzinstitutionen.
Geschichte und Entwicklung der BRICS
Die BRICS-Gruppe entstand aus einer Wirtschaftsprognose und entwickelte sich zu einem einflussreichen Zusammenschluss aufstrebender Volkswirtschaften. Ihre Geschichte ist geprägt von Erweiterungen und regelmäßigen Gipfeltreffen.
Von BRIC zu BRICS
Die Abkürzung BRIC wurde ursprünglich für vier Länder verwendet: Brasilien, Russland, Indien und China. Diese Staaten zeichneten sich durch ihr schnelles Wirtschaftswachstum und ihre zunehmende globale Bedeutung aus.
2010 trat Südafrika der Gruppe bei, wodurch aus BRIC BRICS wurde. Diese Erweiterung verstärkte die Präsenz der Gruppe auf dem afrikanischen Kontinent und erhöhte ihre geopolitische Relevanz.
Anfang 2024 kamen vier weitere Länder hinzu: Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate. Diese Erweiterung stärkte die Position der BRICS-Gruppe insbesondere im Nahen Osten und in Afrika.
Goldman Sachs und Jim O'Neill
Jim O'Neill, damaliger Chefvolkswirt bei Goldman Sachs, prägte 2001 den Begriff BRIC. Er identifizierte diese Länder als vielversprechende Investitionsziele aufgrund ihres Wirtschaftspotenzials.
O'Neill prognostizierte, dass die BRIC-Staaten bis 2050 zu den dominierenden Volkswirtschaften der Welt aufsteigen würden. Diese Vorhersage löste weltweit Diskussionen aus und lenkte die Aufmerksamkeit auf diese aufstrebenden Märkte.
Goldman Sachs veröffentlichte in den folgenden Jahren mehrere Berichte, die das Konzept weiter ausarbeiteten und die wirtschaftliche Entwicklung der BRIC-Staaten analysierten.
Vergangene Gipfeltreffen und Erklärungen
Das erste offizielle BRIC-Gipfeltreffen fand 2009 in Jekaterinburg, Russland, statt. Seitdem treffen sich die Staats- und Regierungschefs der BRICS-Länder jährlich.
Bei diesen Gipfeln werden gemeinsame Erklärungen verabschiedet, die die Positionen der Gruppe zu globalen Themen darlegen. Häufig diskutierte Themen sind Wirtschaftskooperation, Entwicklungshilfe und Reformen internationaler Institutionen.
Ein bedeutendes Ergebnis dieser Treffen war die Gründung der Neuen Entwicklungsbank (NDB) im Jahr 2014. Diese Bank soll Infrastrukturprojekte in Entwicklungsländern finanzieren und als Alternative zu bestehenden internationalen Finanzinstitutionen dienen.
Politische und Wirtschaftliche Ziele
Die BRICS-Staaten verfolgen vielfältige politische und wirtschaftliche Ziele. Sie streben nach einer stärkeren globalen Position und engerer Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen.
Kooperationsmechanismen
Die BRICS-Staaten haben mehrere Mechanismen zur Förderung der Zusammenarbeit entwickelt. Regelmäßige Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs dienen als wichtigstes Forum für den politischen Dialog. Daneben finden Ministertreffen und Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen statt.
Ein zentrales Anliegen ist die Abstimmung gemeinsamer Positionen in internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen. Die BRICS-Staaten streben nach einer Reform des globalen Governance-Systems und mehr Mitsprache für Schwellen- und Entwicklungsländer.
Die Kooperation erstreckt sich auch auf Bereiche wie Wissenschaft, Technologie und Kultur. Regelmäßige Austauschprogramme und gemeinsame Forschungsprojekte sollen die Verbindungen zwischen den Ländern stärken.
Gemeinsame Wirtschaftspolitik
Ein Hauptziel der BRICS-Staaten ist die Förderung des wirtschaftlichen Wachstums und des gegenseitigen Handels. Sie streben nach einer Verringerung der Abhängigkeit vom US-Dollar und westlichen Finanzmärkten.
Konkrete Maßnahmen umfassen:
Aufbau alternativer Zahlungssysteme
Harmonisierung von Zoll- und Handelsvorschriften
Investitionen in gemeinsame Infrastrukturprojekte
Die BRICS-Staaten setzen sich für ein offeneres und inklusiveres globales Handelssystem ein. Sie kritisieren protektionistische Tendenzen und fordern eine stärkere Berücksichtigung der Interessen von Entwicklungsländern.
Neue Entwicklungsbank (NDB)
Die 2014 gegründete Neue Entwicklungsbank ist ein zentrales Instrument der BRICS-Kooperation. Sie vergibt Kredite für Infrastruktur- und Nachhaltigkeitsprojekte in Schwellen- und Entwicklungsländern.
Wichtige Merkmale der NDB:
Sitz in Shanghai
Startkapital von 100 Milliarden US-Dollar
Gleiche Stimmrechte für alle BRICS-Staaten
Fokus auf nachhaltige Entwicklung und erneuerbare Energien
Die NDB soll eine Alternative zu westlich dominierten Institutionen wie Weltbank und IWF bieten. Sie verfolgt einen weniger konditionalen Ansatz bei der Kreditvergabe.
Reserve Arrangement
Das Contingent Reserve Arrangement (CRA) ist ein Währungsreservefonds der BRICS-Staaten. Er soll die finanzielle Stabilität der Mitgliedsländer stärken und kurzfristige Liquiditätsengpässe überbrücken.
Kernpunkte des CRA:
Gesamtvolumen von 100 Milliarden US-Dollar
China stellt 41%, Russland, Indien und Brasilien je 18%, Südafrika 5%
Abrufbare Kreditlinien bei Zahlungsbilanzproblemen
Das CRA ergänzt den IWF und soll die Unabhängigkeit der BRICS-Staaten von westlichen Finanzinstitutionen erhöhen. Es unterstreicht das Ziel einer multipolaren Weltwirtschaftsordnung.
Erweiterung und Mitgliedschaft
Die BRICS-Gruppe plant eine bedeutende Erweiterung ihrer Mitgliedschaft. Diese Entwicklung verspricht, den Einfluss des Bündnisses zu stärken und seine Position in der globalen Wirtschaft und Politik zu festigen.
Potenzielle neue Mitglieder
Ab dem 1. Januar 2024 werden sechs neue Staaten der BRICS-Gruppe beitreten: Saudi-Arabien, Iran, Ägypten, Äthiopien, Argentinien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Diese Erweiterung wird die Vielfalt und Repräsentation der Gruppe erheblich steigern.
Die neuen Mitglieder bringen unterschiedliche wirtschaftliche Stärken und geopolitische Positionen ein. Saudi-Arabien und Iran sind wichtige Akteure im Energiesektor, während Ägypten und Äthiopien strategische Positionen in Afrika innehaben.
Ausbau des Einflusses in der Globalen Süd
Mit der Erweiterung stärkt BRICS seine Position als Stimme des Globalen Südens. Die Gruppe wird künftig etwa 46 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren und bis zu 37 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts zu Kaufkraftparitäten erwirtschaften.
Dieser Zuwachs an wirtschaftlicher und demografischer Macht könnte BRICS mehr Gewicht in internationalen Foren wie den Vereinten Nationen verleihen. Die erweiterte Gruppe hat das Potenzial, die Interessen der Entwicklungs- und Schwellenländer stärker zu vertreten.
Beziehungen zu bestehenden globalen Mächten
Die BRICS-Erweiterung wird voraussichtlich die globalen Machtverhältnisse beeinflussen. Die Gruppe positioniert sich zunehmend als Gegengewicht zu westlich dominierten Institutionen wie der G7.
Gleichzeitig bleibt BRICS ein wichtiger Partner in der G20, wo nun ein größerer Teil der Mitglieder auch BRICS angehören wird. Dies könnte zu einer Verschiebung der Dynamik in globalen Wirtschafts- und Politikforen führen.
Die erweiterte BRICS-Gruppe strebt nicht nach Konfrontation, sondern nach einer ausgewogeneren globalen Ordnung. Sie zielt darauf ab, die Interessen ihrer Mitglieder in einer multipolaren Welt besser zu vertreten.
Volkswirtschaften und Handel
Die BRICS-Staaten zeichnen sich durch starkes Wirtschaftswachstum, expandierende Handelsbeziehungen und umfangreiche Infrastrukturprojekte aus. Diese Faktoren tragen maßgeblich zur steigenden Bedeutung der Gruppe in der globalen Wirtschaft bei.
Wirtschaftswachstum und GDP
Die BRICS-Länder gehören zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften weltweit. China und Indien verzeichnen dabei besonders hohe Wachstumsraten. Das Bruttoinlandsprodukt (GDP) der BRICS-Staaten macht einen bedeutenden Anteil der globalen Wirtschaftsleistung aus.
Brasilien, Russland und Südafrika zeigen ein moderateres, aber stetiges Wachstum. Die kombinierte Wirtschaftskraft der Gruppe übertrifft mittlerweile die der G7-Staaten in Bezug auf die Kaufkraftparität.
Internationale Handelsbeziehungen
Die BRICS-Staaten haben ihre Handelsbeziehungen in den letzten Jahren stark ausgebaut. China ist zum größten Handelspartner für viele Länder weltweit aufgestiegen. Indien entwickelt sich zu einem wichtigen Zentrum für Dienstleistungen und IT.
Der innerhalb der BRICS-Gruppe stattfindende Handel nimmt stetig zu. Gemeinsame Wirtschaftsabkommen und Zollvereinbarungen fördern den Warenaustausch. Die Gruppe strebt an, den Handel in lokalen Währungen zu intensivieren, um die Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren.
Infrastrukturprojekte und Finanzierung
Die BRICS-Staaten investieren massiv in Infrastrukturprojekte. Chinas "Belt and Road"-Initiative ist dabei das prominenteste Beispiel. Diese Projekte umfassen den Bau von Straßen, Häfen und Eisenbahnlinien.
Zur Finanzierung wurde die Neue Entwicklungsbank (NDB) gegründet. Sie stellt Kapital für nachhaltige Entwicklungsprojekte bereit. Die NDB ergänzt bestehende internationale Finanzinstitutionen und stärkt die finanzielle Unabhängigkeit der BRICS-Länder.
Indien setzt verstärkt auf erneuerbare Energien und digitale Infrastruktur. Russland investiert in seine Öl- und Gasinfrastruktur. Brasilien und Südafrika konzentrieren sich auf die Modernisierung ihrer Transportnetze.
BRICS im globalen System
Die BRICS-Staaten streben eine bedeutendere Rolle im internationalen Gefüge an. Ihre Zusammenarbeit umfasst geopolitische, wirtschaftliche und währungspolitische Aspekte, die das bestehende globale System herausfordern.
Geopolitische Ambitionen
Die BRICS-Gruppe verfolgt das Ziel, den Einfluss der westlichen Mächte auszugleichen. Sie setzt sich für eine multipolare Weltordnung ein, in der Schwellenländer mehr Mitspracherecht haben. China und Russland nehmen dabei eine führende Rolle ein.
Die Gruppe strebt nach einer Reform internationaler Institutionen wie der Vereinten Nationen und des Internationalen Währungsfonds. Sie fordert eine gerechtere Verteilung der Stimmrechte und mehr Einfluss für aufstrebende Volkswirtschaften.
BRICS-Staaten koordinieren ihre Positionen in globalen Fragen wie Klimawandel, Terrorismusbekämpfung und Cybersicherheit. Sie bieten alternative Entwicklungsmodelle und Kooperationsmöglichkeiten für Länder des Globalen Südens.
Währungszusammenarbeit und BRICS-Pay
Die BRICS-Staaten arbeiten an Alternativen zum dollardominierten Finanzsystem. Sie planen die Einführung einer gemeinsamen Verrechnungseinheit für den Handel untereinander.
Das BRICS-Pay-System soll grenzüberschreitende Zahlungen erleichtern und die Abhängigkeit vom US-Dollar reduzieren. Es könnte den Handel zwischen den Mitgliedsländern fördern und ihre wirtschaftliche Integration vertiefen.
China treibt die Internationalisierung des Yuan voran. Die anderen BRICS-Staaten unterstützen dieses Vorhaben, um die Dominanz des US-Dollars und des Euros zu verringern.
Stellung in der Multipolaren Weltordnung
Die BRICS-Staaten positionieren sich als Gegenpol zu den etablierten westlichen Mächten. Sie streben eine ausgewogenere globale Machtverteilung an, in der Schwellenländer eine größere Rolle spielen.
Die Gruppe fördert Süd-Süd-Kooperationen und bietet Entwicklungsländern alternative Partnerschaften. Sie unterstützt Infrastrukturprojekte und Technologietransfers in Afrika, Asien und Lateinamerika.
BRICS-Staaten fordern eine Reform der globalen Governance-Strukturen. Sie setzen sich für eine stärkere Vertretung des Globalen Südens in internationalen Organisationen ein.
Herausforderungen und Kritik
Die BRICS-Staaten stehen vor bedeutenden Herausforderungen, die ihre Zusammenarbeit und Effektivität beeinträchtigen. Unterschiedliche politische Systeme, wirtschaftliche Interessen und globale Krisen stellen die Gruppe auf die Probe.
Wirtschaftliche und politische Differenzen
Die BRICS-Länder weisen erhebliche Unterschiede in ihren politischen Systemen auf. China und Russland sind autoritär regiert, während Brasilien, Indien und Südafrika Demokratien sind. Diese Divergenz erschwert die Konsensfindung in wichtigen Fragen.
Wirtschaftlich konkurrieren die Staaten in manchen Bereichen. Chinas dominante Stellung sorgt für Spannungen. Handelskonflikte, wie zwischen China und Indien, belasten die Beziehungen.
Die ungleiche Verteilung von Ressourcen, insbesondere Ölreserven, führt zu unterschiedlichen energiepolitischen Interessen. Russland als Energieexporteur hat andere Prioritäten als energieimportierende Länder wie Indien oder China.
Umwelt- und Klimafragen
Der Klimawandel stellt die BRICS-Staaten vor große Herausforderungen. Als wichtige Industrie- und Schwellenländer tragen sie erheblich zu globalen CO2-Emissionen bei. Gleichzeitig sind sie von den Folgen der Erderwärmung stark betroffen.
Die Gruppe steht unter Druck, ambitioniertere Klimaziele zu setzen. Doch die Umsetzung gestaltet sich schwierig. Der Konflikt zwischen Wirtschaftswachstum und Umweltschutz ist präsent.
Besonders China und Indien setzen weiterhin stark auf Kohle zur Energiegewinnung. Die Umstellung auf erneuerbare Energien verläuft langsam und uneinheitlich.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Die Covid-19 Pandemie hat die BRICS-Länder hart getroffen. Sie offenbarte Schwächen in den Gesundheitssystemen und wirtschaftliche Verwundbarkeiten.
Die Staaten reagierten unterschiedlich auf die Krise. Während China strenge Lockdowns verhängte, verfolgte Brasilien zeitweise eine Politik der Verharmlosung.
Die Pandemie verstärkte bestehende soziale Ungleichheiten in den BRICS-Ländern. Der ungleiche Zugang zu Impfstoffen und medizinischer Versorgung wurde deutlich.
Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie belasten die Gruppe. Wachstumseinbrüche und steigende Staatsschulden erschweren gemeinsame Entwicklungsprojekte und Investitionen.
Zukunftsperspektiven
Die BRICS-Gruppe steht vor einer bedeutenden Expansion. Ab Januar 2024 werden sechs neue Mitglieder aufgenommen: die Vereinigten Arabischen Emirate, Äthiopien, Argentinien, Iran, Ägypten und Saudi-Arabien.
Diese Erweiterung verspricht ein beachtliches wirtschaftliches Wachstum. Die erweiterte Gruppe wird voraussichtlich 37 Prozent des globalen BIP zu Kaufkraftparitäten erwirtschaften und 46 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren.
Die verstärkte Kooperation zwischen den Mitgliedsstaaten könnte zu einer Verschiebung der globalen Machtverhältnisse führen. Eine mögliche gemeinsame, goldgedeckte Währung wird diskutiert, die das internationale Finanzsystem verändern könnte.
Die BRICS-Staaten streben danach, ihre Rolle als Anführer des Globalen Südens zu festigen. Dies könnte die internationale Ordnung neu gestalten und den Einfluss der westlichen Nationen reduzieren.
Die Gruppe zielt darauf ab, ihre wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit zu vertiefen. Gemeinsame Initiativen in Bereichen wie Handel, Technologie und Infrastruktur sind zu erwarten.
Die zukünftige Entwicklung der BRICS wird maßgeblich von der Fähigkeit abhängen, interne Differenzen zu überwinden und eine einheitliche Strategie zu verfolgen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die ambitionierten Ziele der Gruppe realisiert werden können.